Drohender Bergsturz in Blatten VS – Lage bleibt kritisch
Im Lötschental oberhalb von Blatten (VS) ist es in den vergangenen Tagen zu massiven Felsbewegungen gekommen. Am Kleinen Nesthorn haben sich seit Freitag rund 1,5 Millionen Kubikmeter Gestein gelöst – etwa ein Drittel der insgesamt bedrohten Felsmasse. Die Abbrüche erfolgten in mehreren Etappen, Teile des Materials erreichten den Birchgletscher und lösten einen Murgang aus. Dieser kam jedoch ausserhalb des Dorfes zum Stillstand.
Aufgrund der akuten Gefahr eines grösseren Bergsturzes ordneten die Behörden am Montagmorgen die vollständige Evakuierung von Blatten an. Rund 300 Einwohnerinnen und Einwohner mussten das Dorf verlassen. Auch Nutztiere wurden rechtzeitig in Sicherheit gebracht – die letzte Kuh wurde am Dienstagabend per Helikopter ausgeflogen. Die umliegenden Weiler Eisten, Weissenried und die Fafleralp sind derzeit nicht betroffen.
Inzwischen hat sich in Blatten mehr Gestein gelöst als beim bekannten Bergsturz in Brienz (GR) im Jahr 2023. Dort stürzten 1,2 Millionen Kubikmeter ab – in Blatten sind es bereits deutlich mehr. Insgesamt könnten bis zu fünf Millionen Kubikmeter abbrechen. Damit wäre das Ereignis einer der grössten dokumentierten Bergstürze in der Schweiz.
Druck auf den Birchgletscher nimmt zu
Besondere Sorge bereitet der wachsende Druck auf den Birchgletscher unterhalb des Kleinen Nesthorns. Durch die fortlaufenden Teilabbrüche vergrössert sich der Geröllhaufen auf dem Gletscher stetig – zuletzt beschleunigte sich seine Bewegung von 0,5 auf 0,8 Meter pro Tag. Laut dem Regionalen Führungsstab stellt sich immer dringlicher die Frage, wie lange das Eis dieser Belastung noch standhält. Die grösste Gefahr bestünde darin, dass der Gipfelbereich des Kleinen Nesthorns mitsamt Millionen Kubikmeter Gestein auf den Gletscher stürzt und diesen komplett mitreisst. Aktuell verbleiben noch rund drei Millionen Kubikmeter instabiler Fels am Berg. Immerhin: Dass die bisherigen Abbrüche in Etappen erfolgen, gilt unter Experten als bestmögliches Szenario. Bisher wurden keine Personen verletzt, auch die Infrastruktur blieb unversehrt.
Wärmebildtechnik liefert entscheidende Nachtsicht-Daten
Um die Bewegungen am Berg auch bei Dunkelheit präzise verfolgen zu können, setzt das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) in einem voll ausgestatteten mobilen Videoschnittplatz modernste Wärmebildtechnik ein. Mit dem bei uns erhältlichen Gerät ThermTec 670D werden nächtliche Aufnahmen erstellt, die den instabilen Felsbereich wie einen leuchtenden Vulkan erscheinen lassen. Diese Bilder liefern wichtige Informationen für die Behörden und den Führungsstab und werden in Echtzeit weitergeleitet. Die thermografische Überwachung ermöglicht es, selbst kleinste Veränderungen in der Struktur des Gesteins sichtbar zu machen (Bild rechts oben) – ein entscheidender Faktor für die Risikobewertung.
Schauen Sie sich hier den aktuellen SRF-Aktuell-Videobeitrag dazu an.